Tellington TTouch für gesunde Pferde: Steigerung von Gesundheit und Wohlbefinden bei Pferden
Gesunde Pferde – das wünschen wir uns alle. Die Gesunderhaltung und die Steigerung des Wohlbefindens von Pferden ist allerdings weder aufwändig noch kostet es viel. Durch einfach zu erlernende und sehr effektive Tellington TTouches ist es möglich, sich täglich an gesunden Pferden zu erfreuen.
Dass nicht jedes Pferd Putzen als angenehm empfindet, hat eine Studie bereits bestätigt (siehe meinen Beitrag „Schockierende Studie: Die Hälfte aller Pferde hasst Putzen“). Warum nicht das Putzen dem Pferd als etwas Angenehmes vermitteln – und es dabei sogar noch gesunderhalten und sein Wohlbefinden steigern?
Mit ein paar einfachen Handgriffen aus dem Tellington TTouch ist das möglich – und mit garantiert wenig Aufwand! Die TTouches lassen sich einfach ins Putzen integrieren. Man schlägt also zwei Fliegen mit einer Falle: Erstens muss man das Pferd sowieso vor dem Reiten putzen, zweitens kann man bereits beim Putzen das Pferd optimal auf seine Leistung unter dem Sattel vorbereiten – und so mögliche Probleme im Keim ersticken wie z. B. Verspannungen, weggedrückter Rücken, angespannte Halsmuskeln, Zähneknirschen, fehlende Konzentration etc. Zudem beugt man so Verletzungen, Rittigkeitsproblemen und auf lange Sicht gesehen Krankheiten vor.
Mit Tellington TTouch bringst du dein Pferd in den Zustand von konzentrierter Entspannung und bereitest es so optimal auf das Reiten vor. Zudem wendest du dich ihm mit hoher Achtsamkeit zu, kannst rasch auf entstehende Verspannungen und Unwohlsein reagieren und so Stress unterm Sattel bereits im Vorfeld im Keim ersticken.
Tellington TTouch im Alltag: Hufe auskratzen - Beinkreise
Bereits beim Hufe auskratzen kann etwas für die Gesundheit seines Pferdes tun. Auch hier kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Nicht nur, dass die Hufe vor Dreck und Steinen gesäubert wird. Man kann das Bein und all seine Gelenke bis nach oben in die Schulter bzw. Hüfte hinauf lockern und mobilieren.
WOFÜR?
In der Tellington-Methode sind die Beinkreise ein unglaublich hilfreiches und geniales Instrument. Mit den Beinkreisen werden alle Gelenke vom Hufgelenk über das Karpalgelenk bis nach oben in die Schulter und sogar bis in den Widerrist hinauf durchgelockert und mobilisiert. Da das Pferd dabei auf 3 Beinen stehen muss, übt man gleichzeitig auch noch seine Balance (hilfreich bei jungen, noch unausbalancierten Pferden bzw. bei Problemen mit dem Hufschmied/der Hufbearbeitung).
WIE?
Halte das Bein deines Pferdes wie zum Hufeauskratzen auf. Achte auf einen stabilen Stand und stütze eine Hand auf deinem Oberschenkel ab. So schützt du deinen Rücken und kannst die Beinkreise aus dem gesamten Körper herausmachen.
Stell dir vor, an der Hufspitze ist ein Stift befestigt. Nun malst du mit dem Stift verschieden große Kreise auf den Boden, mal ganz nah am Boden, mal weiter oben in der Luft. Die Kreise solltest du ungefähr an der Stelle machen, wo das Bein am Boden gestanden ist.
Beobachte, wie sich die kreisenden Bewegungen durch das gesamte Bein bis nach oben in die Schulter und je nach Beweglichkeit des Pferdes bis in den Widerrist und den Rücken fortpflanzt: So ist dein Pferd bereits vor dem Reiten in den Gelenken gut mobilisiert und hat bereits seine Balance geschult, bevor du überhaupt in den Sattel gestiegen bist.
Tellington TTouch im Alltag: Schweif bürsten - Schweifkreise
Den Schweif säubere ich entweder durch sanftes Verlesen mit den Fingern oder dem vorsichtigen Verwenden einer Schweifbürste. Da du bereits da den Schweif in der Hand hältst, gleitest du mit beiden Händen zur Schweifrübe nach vor und stützt sie von unten (wie auf dem Bild unten zu sehen) gut ab.
Nun hebst du sanft den Schweif nach oben. Achtung: Nicht über einen etwaigen Widerstand hinaus. Merkst du, dass dein Pferd bereits ein Problem hat, sich am Schweif angreifen zu lassen, muss dein vorrangiges Ziel sein, dass dein Pferd das Berühren am Schweif akzeptiert und es später dann auch als angenehm empfindet.
Die Schweifarbeit aus der Tellington-Methode ist eine unglaublich hilfreiche Übung, die man täglich ohne viel Aufwand ins Putzen integrieren kann.
WOFÜR?
Die Schweifarbeit ist sehr hilfreich für alle Pferde, die gesundheitliche Themen im Rücken bzw. in der gesamten Wirbelsäule haben. Der Schweif ist die direkte Verlängerung der Wirbelsäule. Indem du die Wirbel der Schweifrübe mobilisierst, wirkst du so auch auf alle anderen Wirbel in der Wirbelsäule. Die Muskulatur wird gelockert und das Pferd bekommt ein besseres Gefühl für seinen gesamten Körper. Gerade Pferde, die sehr schreckhaft sind und Angst haben vor allem, was sich ihnen von hinten nähert, profitieren enorm von der Schweifarbeit. Sie bekommen ein besseres Gefühl für ihren Körper im Raum und werden entspannter.
Nicht umsonst ist ein locker getragener Schweif unter dem Reiter ein wichtiges Zeichen für die viel gewünschte, aber auch selten erreichte Losgelassenheit!
WIE?
Für die Tellington-Schweifarbeit nimmst du den Schweif und stützt ihn mit beiden Händen unterhalb der Schweifrübe ab (siehe Abbildung unten). Dann bewegst du die Schweifrübe vorsichtig in Kreisen um den Schweifansatz. Mache die Kreise langsam und behutsam und gehe über keine Widerstände hinweg. Wenn du achtsam bist, kannst du direkt sehen, wie das Pferd in seinem gesamten Körper bewegt wird und sanft mitschaukelt.
Tellington TTouch im Alltag: Ohrenarbeit
Meine Pferde lieben die Ohrenarbeit. Aber sie mussten – wie wahrscheinlich fast jedes Pferd – zuerst lernen, dass es angenehm ist, an den Ohren berührt zu werden. Dies ist für ein Pferd, das wir fürs Reiter „nutzen“ wollen, unabdingbar: Wir müssen über die Ohren das Halfter und das Zaumzeug streifen, wir müssen es am Kopf putzen u. v. m. Durch die Ohrenarbeit lernen die Pferde, wie angenehm es ist, an den Ohren berührt zu werden. Und zusätzlich tun wir ihnen etwas Gutes und fördern Gesundheit, Wohlbefinden und Leistung.
WOFÜR?
Die Ohrenarbeit wirkt aufgrund mehrerer Punkte:
1. Am Ohr sitzen zahlreiche Akupunkturpunkte. Allen voran der Dreifache Erwärmer, der den gesamten Körper versorgt. Er schlängelt sich um die gesamte Ohrmuschel. An der Ohrspitze sitzt ein „Schockpunkt“. Ein Punkt der sehr hilfreich ist, wenn Pferde Kreislaufprobleme haben oder zu Koliken neigen. Mehr zu Tellington TTouch als Erste Hilfe bei Koliken kannst du hier nachlesen: Erste Hilfe bei Kolik
2. Über das Ohr haben wir direkten Zugang zur Ohrspeicheldrüse. Diese wird durch ein entspanntes Kauen und Schlecken im Maul angeregt und produziert das „weiße Mäulchen“, hat also direkt Einfluss auf die Losgelassenheit des Pferdes.
3. Über die Ohren erreicht man auch das Genick des Pferdes. Ein weiterer Ort, der für Rittigkeit und Losgelassenheit von enormer Wichigkeit ist.
Du siehst also, dass man durch ein paar achtsame Berührungen an den Ohren ganz schön viel im Körper auslösen kann.
WIE?
Für die Tellington-Ohrenarbeit stabilisierst du mit einer Hand den Kopf deines Pferdes, während du dich schräg seitlich vor den Pferd stellst. Dann nimmt du mit der anderen Hand ein Ohr am Ohransatz in die Hand und streifst es mit sanftem Druck bis zur Ohrspitze aus. An der Spitze der Ohrmuschel kannst du kurz verweilen. Manche Pferde lieben es, ganz sanft und vorsichtig an den Ohren berührt zu werden, wieder andere genießen es, wenn die Ohren mit etwas festem Zug waagrecht langgezogen werden (siehe Foto unten).
Bei Verdacht auf Kolik und Kreislaufthematik und zum Überbrücken der Zeit, bis der Tierarzt eintrifft, eignet sich Ohrenarbeit perfekt, um den Kreislauf des Pferdes wieder zu stabilisieren. Die Ohrenarbeit aktiviert den Meridian des Dreifachen Erwärmers und versorgt so den gesamten Körper und hilft ihm, sich wieder zu stabilisieren.
Tellington TTouch im Alltag: Auftrensen - Maularbeit
Nicht nur Menschen drücken mit dem Mund zahlreiche Emotionen aus: Zähneknirschen bei Stress, Lachen bei Freude, Zusammengepresste Lippen bei Wut etc. Auch Pferde zeigen mit ihrem Maul viele Emotionen. Ein angespanntes Kinn beim Putzen spricht Bände, geblähte Nüstern genauso.
Indem wir uns vor dem Auftrensen dem Maul liebevoll und achtsam widmen, beugen wir Verspannungen rund ums Maul und den Kiefer beim Reiten vor.
Ein sehr intensiver Tellington TTouch ist die Maularbeit.
WOFÜR?
Durch sein Maul kann das Pferd zahlreiche Emotionen ausdrücken: Anspannung, Stress, Entspannung, Aggression, Verspieltheit etc. Wenn wir in den Sattel steigen, wollen wir ein entspanntes, freundliches Pferd. Wenn das Pferd bereits mit angespannten Lippen und steinhartem Kinn an der Aufstiegshilfe steht, können wir davon ausgehen, dass es im Sattel nicht besser wird. Ganz im Gegenteil.
In der Maulregion sitzen sehr viele Nervenenden, die sehr sensibel auf Berührung reagieren. Es gibt sehr viele Pferde die Berührung am Maul nicht dulden und energisch den Kopf wegreißen. Hier sitzen tiefe Emotionen in der Maulregion. In der Tellington-Methode ist die Maularbeit ein effektives Tool um rasch Zugang zu den Emotionen des Pferdes zu erhalten.
WIE?
Bei der Maularbeit machst du vorsichtige Kreise mit dem Maul und den Nüstern. Vorsichtig nimmst du den Nüsternrand und kreist ihn sanft. Genauso verfährst du mit der Oberlippe und der Unterlippe, dann kreist du das Kinn sanft im und gegen den Uhrzeigersinn. Es geht weniger darum, dass du ein bestimmtes Muster in einer bestimmten Richtung einhältst. Es geht viel mehr um das achtsame Berühren und Bewegen der Maul- und Nüsternpartie.
Ich hoffe, du hast einen Einblick darüber bekommen, wie einfach und ohne viel Zeit- und Arbeitsaufwand die so hilfreichen und gesundheitsfördernden Tellington TTouches in den Alltag mit deinem Pferd eingebaut werden können.
Nach ein paar Wiederholungen wirst du die Kreise an Ohren, Maul, Schweif und Beinen bereits ganz automatisch machen – ohne dich großartig konzentrieren zu müssen. Wichtig ist dabei aber nur, dass du immer mit viel Achtsamkeit und Bewusstheit an deinem Pferd arbeitest. Achte auf jede kleinste Reaktion deines Pferdes. Pferde flüstern ja anstatt „laut“ mit uns zu kommunizieren!