Pferd zäumen und satteln: Oft gemacht, selten darüber nachgedacht
Für einen Reitanfänger ist bereits alles, was vor dem Reiten passiert, unglaublich spannend: Pferd führen, putzen und dann das Pferd noch zäumen und satteln. Für den Rest, der schon länger mit Pferden zu tun hat und schon unzählige Male im Sattel gesessen ist, gehen die notwendigen Griffe vor dem Reiten blind von der Hand. Über kaum einen Vorgang muss länger als eine Sekunde nachgedacht werden, die Handgriffe sitzen, alles läuft automatisch ab. Routine und Automatismen sind bequem. Leider führen sie aber auch zu Unachtsamkeit, Unaufmerksamkeit und schludrigem Verhalten. Gewohnheiten und Muster schleichen sich ein, die nur schwer wieder zu „verlernen“ sind.
Gerade beim Zäumen und Satteln eines Pferdes kann so viel falsch gemacht werden. Falsch nicht unbedingt gleich im Sinne von schmerzhaft und gefährlich für das Pferd zu verstehen, aber auf jeden Fall unnötig.
Denn wenn ich ein Pferd zäumen und satteln muss, bevor ich es reite, kann ich bereits den Grundstein legen für das weitere Reitgefühl im Sattel.
Überleg mal, wie du zäumst und sattelst – und sei ehrlich zu dir selbst!
- Wie legst du deinem Pferd das Halfter an, wenn du es aus der Box oder von der Weide holst?
- Wie bindest du es an? Worauf achtest du? Wo bindest du es an?
- Wie schiebst du deinem Pferd die Trense ins Maul und dann das Zaumzeug über die Ohren?
- Wie legst du den Sattel auf und verschnallst den Gurt?
Allein sich kurz Zeit zu nehmen und sich diese Fragen kurz selbst zu beantworten, bringt Bewusstsein in diese Abläufe, die meist gewohnheitsmäßig und in immer gleichen Mustern ablaufen.
Gewohnheiten und wiederkehrende Abläufe sind für Pferde an sich etwas Gutes, sie bringen Sicherheit und Beruhigung. Wenn diese täglichen Abläufe von Zäumen und Satteln aber immer gleich falsch, unaufmerksam und unhöflich ablaufen, fördert das nicht unbedingt die gewünschte spätere Harmonie im Sattel …
Reiten beginnt schon vor dem Aufsitzen: So achtsam und feinfühlig du dein Pferd zäumst und sattelst, so aufmerksam und weich wirst du dann im Sattel auf es einwirken.
Ich habe dir 7 Tipps mitgebracht, die dir auf ganz einfache Art und Weise helfen, mehr Achtsamkeit in den gewohnheitsmäßigen Ablauf von Zäumen und Satteln zu bringen.
Zudem bringst du so auch noch Sicherheit in dein Tun mit dem Pferd!
1. Aufhalftern
Ein winziges, aber in meinen Augen doch wichtiges Detail ist das Aufhalftern.
Oft wird dem Pferd das Halfter lieblos über den Kopf gezogen, die seitlichen Backenstücke werden unsanft über die Augen, das Genickstück ruppig und hart über die Ohren gezogen.
Ist das ein liebevoller Umgang mit dem Lebewesen, von dem man nachher erwartet, dass es auf feinste Hilfen im Sattel reagiert und nur ja nicht „so zickig und bockig“ sein soll?
Zieh deinem Pferd das Halfter so achtsam, freundlich und liebevoll über den Kopf, wie du gerne angezogen werden würdest. Stülpe das Halfter vorsichtig über die Nase und zieh dann ein Ohr nach dem anderen vorsichtig durch das Genickstück.
Ein weiteres Detail: Schließ die Schnalle des Halfters so, dass der Dorn nach außen schaut (siehe Foto). Ansonsten drückt der Dorn unangenehm in die Ganaschen!
Zusatztipp: Biete deinem Pferd jedes Mal, wenn du es aufhalfterst, ein Leckerli an. So verbindet es das (womöglich bereits verhasste) Halfter mit etwas Positivem!
2. Achsames Satteln: Korrekter Sitz der Sattelunterlage
3. Die korrekte Länge des Sattelgurts
Die Länge des Sattelgurts ist ein wichtiges Detail. Nur mit dem korrekt verschnallten und passenden Sattelgurt kann dein Pferd sich frei aus der Schulter heraus bewegen. Zudem sollte der Gurt so geschnitten und verschnallt sein, dass das Pferd nicht ständig mit dem Ellbogen am Gurt anstößt. Viele Pferde tragen viel zu kurze Gurte. Nur weil es „Kurz“gurt heißt, muss er nicht so kurz sein, dass die Schnallen unterhalb der Ellbogen liegen!
Bei Langgurten in anatomischer Form ist darauf zu achten, dass die Aussparungen genau an den Ellbogen zu liegen kommen. So kann das Pferd seine Vorderbeine frei nach vorne und zurückbewegen, ohne lästig an den (meist harten) Kanten des Sattelgurts anzustoßen.
Ein Kurzgurt ist optimalerweise so lange, dass die Schnallen auf der Höhe des Buggelenks zu liegen kommen. Das ist bei den meisten Sätteln direkt unter der Schabracke. Ist viel überständiges Material am Gurt nach oben hin vorhanden, achte darauf, dass der Gurt unter der Sattelunterlage zum liegen kommt (siehe Bild). Dann scheuert nicht der Gurt an der Kante der Sattelunterlage und begünstigt Scheuerstellen!
Ein nicht passender Sattelgurt kann unter anderem der Grund für Gurtzwang sein. Zum Thema Gurt- und Sattelzwang gibt es hier ein paar hilfreiche Tipps samt Video:
Pferd mit Gurtzwang: 5 Tipps, um Gurtzwang zu beheben
4. Sicherheit geht vor: Steigbügelriemen hochschlagen
Egal, wohin du dein Pferd führst: Die Steigbügel sind immer korrekt bis zum Sattelschloss hochgezogen und die Steigbügelriemen gut verstaut. Falls du – so wie ich – sehr lange Steigbügelriemen hast, wickle sie ein weiteres Mal um den Steigbügel. So hängt die Schlaufe des Steigbügelriemens nicht so weit nach unten.
Du kannst dir nicht vorstellen, an welch doofen Orten so ein Steigbügelriemen hängenbleiben kann!
Panik aufgrund von Platzangst beim Pferd ist vorprogrammiert, wenn es plötzlich Widerstand spürt, weil der Steigbügel oder der Steigbügelriemen an einer Türschnalle, einem Torgriff oder ähnlichem hängengeblieben ist.
Solche Unfälle lassen sich ganz easy vermeiden, wenn man auf dieses Detail achtet.
5. Freundliches Zäumen
Welch schaurige Szenen beim Zäumen habe ich schon gesehen. Kein Wunder, dass die Pferde dabei die Köpfe hochreißen und nach hinten wegrennen.
Damit das nicht passiert, sei liebevoll und geduldig mit deinem Pferd. Übe das Angreifen an und hinter den Ohren, BEVOR du es aufhalfterst oder zäumst. Übe das vorsichtige Aufnehmen des Gebisses, BEVOR du ihm das gesamte Zaumzeug anlegst.
Alle meine Pferde bekommen immer ein Leckerli zusammen mit dem Gebiss. So mache ich ihnen 1. das Gebiss schmackhaft. Sie nehmen von alleine das Gebiss ins Maul, ohne dass ich sie zwingen muss, das Maul aufzusperren.
2. verhindere ich so, dass das Metallteil schmerzhaft gegen die Zähne schlägt, wenn ich es ihnen ins Maul schiebe. 3. Rennt so keines meiner Pferde rückwärts davon, wenn es mich mit dem Zaumzeug ankommen sieht 😉
Je nach Pferd muss ich nur die Art der Leckerlis anpassen 😉
Vorschläge für gesunde und natürliche Leckerlis gibts hier: Natürliche Pferdeleckerlis. Pferde gesund füttern
Zusatztipp 1: Ordnung ist die halbe Miete
Bevor es jetzt endlich zum Reiten losgeht, wirf noch einen letzten Blick auf den Putzplatz:
Sind alle Utensilien verräumt, der Putzplatz sauber? So freut sich auch der, der nach dir sein Pferd putzen will, über einen sauberen Putzplatz!
Ganz wichtig: Schleudere das Halfter nach dem Zäumen nicht einfach auf den Boden, am schlimmsten noch samt eingehängtem Strick: Ein anderes Pferd könnte sich darin verheddern und stürzen.
Alles schon gesehen, alles nicht schön – und doch so einfach zu vermeiden!
Hänge deshalb das Halfter ordentlich auf. So hast du es nach dem Ritt sofort zur Hand und andere Pferde oder Menschen sind nicht gefährdet, sich darin zu verheddern oder darüberzustolpern!
Zusatztipp 2: Eine Selbstverständlichkeit: Sicherheitsknoten
- Stell sicher, dass dein Pferd ruhig stehen kann. Notfalls gib ihm ein wenig Heu zum Fressen, sodass es den Putzplatz als einen angenehmen Ort empfindet.
- Der Putzplatz an sich sollte eben sein. Das Pferd sollte vor dem Reiten schon ausbalanciert stehen können. Wenn es bereits beim Putzen schief und krumm stehen muss, wird es sich beim Reiten auch schwer tun, ausbalanciert und gerade zu gehen …
- Wähle den Anbindepunkt genau aus: Binde dein Pferd nie an losen Gattern, Brettern oder Stangen oder gar Türen an. Ein Pferd, das wegen was auch immer in Panik gerät, kann Türen aushängen, Bretter ausreißen und damit dann durch die Gegend rennen. Keine schöne Vorstellung!
- Verwende IMMER einen Sicherheitsknoten. Dafür gibt es mehrere Varianten. Er sollte immer mit nur einem leichten Zug vollständig zu öffnen sein.
- Wenn du ein unsicheres Pferd hast, das zu Platzangst neigt, binde es nicht an, sondern leg den Strick nur durch den Anbindehaken, die Anbindeöse. Du kannst auch einen Bindfaden zwischen Halfter und Strick platzieren, der im Panikfall sofort reißt. Denn auch Panikhaken lösen sich nicht von alleine! Damit ein Panikhaken sich öffnet, muss der Mensch hingreifen und das Aufschnappen des Panikhakens manuell auslösen!
Deine Meinung und Erfahrung ist gefragt!
Verrate mir:
Wie handhabst du das Zäumen und Satteln? Kanntest du meine Hinweise für achtsamen Umgang mit dem Pferd beim Zäumen und Satteln?
Und wenn du die Tipps umgesetzt hast: Wie erging es dir dabei? Was hat dein Pferd gemacht?
Hat sich vielleicht im Anschluss was beim Reiten verändert?
Schreib mir einen Kommentar – ich freue mich auf regen Austausch!