„Wir sind eine echte Reiterfamilie.“
„Wieso?“
„Also ich mache einen Dressurkurs, mein Bruder einen Springkurs, meine Mutter einen Fahrkurs, umd mein Vater einen Konkurs.“
Okay, es gibt bessere Witze, aber es steckt ein ziemlich wahrer Kern in der Geschichte: Pferde selbst zu halten, ein Pferd in einem Pensionsstall einzustellen oder auch schon ein Pflegepferd kann ganz schön ins Geld gehen. Und wenn man da nicht eine Familie hat, die einen tatkräftig unterstützt, ist man schon mal ziemlich pleite … Wer kennt’s nicht?
Ist ja auch nichts Neues, aber jetzt kommt der Clou dabei: Wer darauf achtet, seine Geldbörse zu schonen, tut nicht nur sich selbst etwas Gutes, sondern tut auch gleichzeitig etwas für die Nachhaltigkeit im Reitsport.
Nachhaltiger Reitsport - ein Luxusproblem?
Meist verschwenden Luxusgüter – und Reitsport gehört nun mal dazu – auch enorm Ressourcen. Das fängt an bei den Futtermitteln, geht über die Ausrüstung und reicht bis hin zur Mobilität.
Denn sind wir uns ehrlich: Unsere Pferde fressen ziemlich viel Heu, das dann den Tieren fehlt, von denen viele von uns Milch und Fleisch essen wollen. Heu zu produzieren ist kein Honiglecken. Wir machen seit Jahren unser Heu selber: Früher alles von Hand und mit dem Pferdehänger, jetzt mit dem Traktor und allen Gerätschaften. Wir verbrauchen also im Gegensatz zu früher auch mehr Treibstoff und produzieren somit Kohlenstoff … 🙁
Dann – wahrlich ein Luxusgut – wollen wir unser Pferd reiten. Fein wärs, wenn wir das in einer Reithalle machen können. Wetterunabhängig versteht sich – oder zumindest auf einem Reitplatz mit tiptop Boden. Das aber braucht weitere Ressourcen: Schon mal darüber nachgedacht, dass man für mal schnell einen Reitplatz bewässern im Sommer locker und lässig 400 Liter Wasser benötigt? Und meist wird dafür das Wasser aus der normalen Wasserleitung verwendet – logisch! Aber dass das Trinkwasser ist, was da rauskommt, vergessen viele. Klar, es gibt Systeme für Regenwasserspeicherung etc., aber das ist nicht überall so!
Weiter gehts mit der ganzen Ausrüstung für unsere Pferde und unserer Bekleidung fürs Reiten. Wenige der großen Reitsportmarken machen sich Gedanken über Nachhaltigkeit im Reitsport. Wo denn die Baumwolle für all die schönen Satteldecken herkommen und wo die Teile geschneidert werden. Von Fairtrade, Bio oder gar sozial verträglich keine Spur. Während andere große Kleidungshersteller hier schon viel in diese Richtung getan haben, fehlt mir hier im Reitsport oft noch zumindest der Versuch, etwas in die richtige Richtung zu bewegen. Aber es gibt Ausnahmen wie z.B. Royal Horsemen.
Ein schönes Zitat habe ich bei a life with horses gefunden:
Wir kaufen uns Bambus-Becher für den Kaffee, greifen im Supermarkt ins Bio-Regal – doch beim Shopping fürs Pferd setzt der Verstand aus.
So wahr, oder? Wenn wir uns wirklich mal an der Nase nehmen, wissen wir, dass in diesen Gedanken schon ein Fünkchen (oder ein riesiges Feuer?) an Wahrheit steckt …
Und für unsere Pferde tun wir ja schließlich alles. Wir fahren täglich in den Stall zu jeder Tages- und Nachtzeit. Meist nicht immer mit Öffis zu vereinbaren. Wir müssen ja flexibel sein, wenn das Pferd zu einer bestimmten Zeit sein Futter braucht oder nur ab 17 Uhr die Halle fürs Freispringen freigegeben ist. Und dann fahren wir mit dem Auto, jeden Tag, viele Kilometer, alleine. Weil die Freundin aus dem selben Stall lieber erst später kommt. Da ist es im Stall ruhiger …
Ich hoffe, ihr wisst langsam, worauf ich hinaus will …
Unser liebstes Hobby, unser liebster Reitsport, trägt viel Potenzial in sich, über Nachhaltigkeit, Schonen von Ressourcen und bewussteres Konsumverhalten nachzudenken. Wenn wir ab und zu mehr nachdenken, bevor wir etwas nachmachen, dann können wir sogar Geld sparen. Und das können wir dann wieder andere tolle sinnvolle Sachen für unsere Pferde investieren … 😉
Deshalb sind meine Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Reitsport auch gleichzeitig Tipps für eine vollere Geldbörse.
Meine Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Reitsport
Hier also meine Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Reitsport, mit denen du nicht nur der Umwelt, der Natur und schlussendlich deinem Pferd etwas Gutes tust. Außerdem sparst du dabei so manchen Euro, den du dann wieder in dein liebsten Hobbys reinvestieren kannst 😉 Guten Unterricht zum Beispiel!
Reparieren, ersetzen, verzichten
- Fahrgemeinschaften für die Fahrt in den Stall bilden: Das macht vor allem dann Sinn, wenn euer Pferd weiter weg steht und ihr nur mit dem Auto in den Stall kommt.
- Mehrere Reiter tun sich zusammen, um einen guten Trainer auf den Hof einzuladen und nehmen gemeinsam bei ihm Unterricht. Teilt man die Anfahrtsspesen für den Trainer auf mehrere Reiter auf, sind die Trainingskosten gleich günstiger. Zudem braucht der Trainer nur einmal zu dir in den Stall zu fahren und nicht an mehreren Tagen die Woche für jeden Reiter einzeln.
- Organisiere selbst einen Workshop oder Trainingslehrgang bei dir am Hof. Die meisten Trainer/Lehrer bieten an, dass der Organisator gratis oder zumindest stark vergünstigt mitreiten kann. So musst du nicht mit Pferd und Hänger zu einem Lehrgang extra anreisen.
- Du kannst dir die megageniale Massagedecke nicht leisten? Entweder du bildest eine „Einkaufsgemeinschaft“ und du teilst dir die Kosten mit anderen Mädls aus dem Stall, oder du bietest jemandem, der die Decke schon hat, eine Mietgebühr an.
- Strecke teure Fliegen- und Mähnensprays mit ein wenig Wasser, meist haben sie dann trotzdem immer noch eine gute Wirkung. Zudem riechen sie nicht mehr so intensiv.
- Verwende günstige IKEA-Dosen im praktischen Stapel als Futterdosen statt die teuren Futtertöpfe aus dem Reitsporthandel. Oder vielleicht gleich alternative Dosen aus Bambus. Denn egal ob aus IKEA oder dem Reitsporthandel – Plastik ist es halt immer noch …
- Verwende alte Kübel oder Futtertonnen als Hindernismaterial.
- Schnapp dir deine Stiefel und ab damit zum Schuster im Dorf, wenn sie dir zu eng oder zu weit sind oder sich die Sohle ablöst. Danach sehen sie wieder aus wie neu. Kampf der Wegwerfgesellschaft 😉
- Kauf dir Schuhcreme im Drogeriemarkt. Sie ist super weich und leicht aufzutragen und pflegt die Stiefeletten und Stiefel genauso wie die teure Schuhpflegecreme vom Markenhersteller.
- Spar es dir, dein Pferd komplett von oben bis unten zu waschen, sobald das Thermometer über 20 Grad steigt. Tuts eine gute Staubbürste oder ein feuchtes Tuch nicht auch? Für so eine Pferdedusche fließen ziemlich viele Liter Wasser den Abguss runter. Außerdem zerstört zu häufiges Waschen die natürliche Schutzbarriere der Pferdehaut …
Nachhaltigkeit im Reitsport durch "Upcycling"
- Verwende eine günstige Fleecedecke als Abschwitz-Abreitdecke. Die tuts genauso, und in hübschen Farben sieht sie auch toll aus! Oder schau, ob du deine alten Decken nach einer Wäsche und mit Nadel und Faden nicht doch wieder in Schuss bringen kannst. Daheim im Stall ists eigentlich wirklich wurscht, wie die Decke aussieht, oder nicht? Dem Pferd ists sowieso egal! Das interpretiere ich jetzt einfach mal ins Pferd hinein 😉
- Färbe alte weiße Turnierschabracken einfach andersfarbig ein und schon hast du eine neue Schabracke in schicker Farbe.
- Verwende alte Elastikbandagen als Tellington-Körperbänder und tu damit deinem Pferd durch die Verbesserung seines Körpergefühls etwas Gutes.
- Knüpf dir Heuballenschnüre zu einem Balancezügel für die Tellington-Arbeit. Mit alten Heuballenschnüren lässt sich auch so manches im Stall aufhängen (Salzlecksteine, Spielbälle für die Pferde etc.).
- Druck dir die Buchstaben fürs Viereck auf Papier aus, foliere sie ein und hänge sie auf, fertig ist das Dressurviereck!
- Verwende statt der praktischen Babyputztücher fürs Pferdegesicht und zum Entstauben ein Microfasertuch. Macht definitiv weniger Müll!
- Verwende gut ausgewaschene Marmeladengläser (oder andere alte Gläser) fürs Bereitstellen der Futterportion für dein Pferd. Tupperdosen kann man zwar auch immer wieder verwenden, aber wieso nicht auch nicht noch zusätzlich neues Plastik kaufen …
Natürliche, gesunde Alternativen verwenden
- Schau dich im Katalog deines Lieblings-Reitsportversandshauses nach biologischen Alternativen zu Fliegenspray und Mähnensprays um. Es gibt mittlerweile tolle, genauso wirksame Alternativen zu den ganzen konventionellen Pflegeprodukten. Alternativen müssen nicht immer teurer sein!
- Vergleich mal die Preise für konventionelle Futtermittel (wie z.B. für ganzen Hafer) bei deinem lokalen Futterhändler mit dem von Bio-Lieferanten. Heutzutage sind da nur mehr wenige Cent Unterschied. Damit ist jetzt nicht unbedingt Geld gespart, aber man unterstützt ein System, das auf Dauer unserer Umwelt hilft.
- Bestelle lieber eine große Futterlieferung und lagere die Säcke ein (Achtung: Mindesthaltbarkeitsdatum!). So sind die Kilopreise deutlich günstiger, als wenn du immer nur einen einzelnen Sack kaufst.
- Pflanz rund um den Stall ein paar Bio-Kräuter an. Richtig gepflegt, wachsen sie rasch und liefern wertvolle Knabbereien fürs Pferd (z. B. Kamille, Weißdorn, Brombeer – die muss man meist gar nicht anpflanzen, die wuchern auch so, genauso wie Brennesseln, die getrocknet eine prima Leckerei für Pferde sind). So spart man sich teure Futterzusätze, wenn man den Futterplan des Pferdes mehr an der Natur ausrichtet. Zu gesunder Pferdefütterung mit selbst gepflanzten Kräutern am Stall klicke hier.
- Verwende statt industriell hergestellten Pferdeleckerlis natürliche Alternativen wie z. B. Hagebutten, pelletierter Leinkuchen, Kokossticks etc.